Die letzten Tage meines Vaters
Aus dem Japanischen übersetzt sowie mit Anmerkungen versehen von Géza S. Dombrady. 2., von E. May durchgesehene Auflage mit einem einleitenden Essay von Hanns-Josef Ortheil. Der japanische Haiku-Dichter Kobayashi Issa (1763–1827) kehrte im Juni 1801 nach langen Jahren der Wanderschaft in sein Elternhaus zurück. Über vier Wochen begleitete er Krankheit und Sterben des geliebten Vaters. Das dabei entstandene Sterbetagebuch ist realistischer Bericht und poetisches Tagebuch zugleich.»Lebte er noch, könnte ich / mit ihm die Sonne aufgehen sehen / Über zartgrünen Feldern …!«
Das hier erstmals in deutscher Übertragung vorliegende Sterbetagebuch des japanischen Dichters Issa zieht den europäischen Leser von Anfang in seinen Bann. Nach langen Jahren in der Fremde kehrt Issa in sein Elternhaus zurück, wo er, unter den Nachstellungen von Stiefmutter und Stiefbruder noch immer leidend, die letzten Tage seines so überaus geliebten Vaters erlebt. Das Tagebuch vollzieht in schnörkelloser, klarer und gleichwohl poetischer Sprache den durch die widrigen Familienverhältnisse gestörten Abschied von Vater und Sohn. Dabei werden, buddhistischem Denken zufolge, alle Atmosphären des Lebens ‒ Wetterumbrüche, Tierzeichen, Naturstadien ‒ zu gleichwertigen Momenten der inneren Teilnahme am Krankheitsverlauf, den der am Sterbelager sorgende, unermüdlich um das Leben des Vaters kämpfende Sohn mit seinen durch das drohende Ende des Pflegebedürftigen hellwach gewordenen Augen miterlebt. Die Abschiednahme von allem Lebendigen gerät in Issas zeitlos erscheinender Diktion zu einem Gleichnis für das sich dem Ende zuneigende Zeitalter. Die reiche Fülle des poetischen Materials wird dem Leser durch weit über hundert Anmerkungen, ein ausführliches Nachwort und eine detaillierte Bibliographie erschlossen, mit deren Hilfe der Japanologe G. S. Dombrady die ganze Breite der religiösen, literarischen und geographischen Anspielungen im Werk Issas aufschlüsselt. So wird die Lektüre für den mit asiatischem Denken nicht vertrauten Leser zu einem überraschenden, spektrenreichen Leseerlebnis von hohem poetischem Reiz, das ihn unmerklich in eine fremde Welt des Denkens und Fühlens einführt. Der die Neuauflage einleitende Essay von Hanns-Josef Ortheil öffnet den Blick auf das Werk vor dem Hintergrund weiterer berühmter Sterbetagebücher der Weltliteratur.
2. Auflage 2020, 160 Seiten, 18 Abbildungen, Leinen, Fadenheftung und LesebändchenHandbibliothek DieterichISBN 978387162107924,00 EURsofort lieferbar